Der Mann, der das Leben neu mischt
Saarbrücken Der Saarbrücker Mike Hieronymus setzt in seiner Kunst vertraute Figuren aus Comics und Filmen in einen ungewohnten Kontext.
Von: Martin Rolshausen
24. Juli 2017
Das mit der Kunst, sagt Mike Hieronymus, habe ja irgendwie in der Familie gelegen. Dumm war nur, dass – wie man das von einigen Dingen behauptet – die Kunst eine Generation übersprungen hat. Sein Großvater sei mit Otto Lackenmacher befreundet gewesen, dem großen Saarbrücker Maler, der sich in seiner Kunst vor allem für vermeintlich Gescheiterte, für Menschen am Rand der Gesellschaft interessierte. Seinem Großvater habe diese Freundschaft und die Kunst viel bedeutet. Und sein Großvater habe, zum Beispiel wenn er wieder mal Comicfiguren aus einem Heftchen auf Papier „durchgepaust“ hat, mit Wohlwollen festgestellt: „Der Bub kritzelt wieder alles voll.“
Der Bub ist nun 56 Jahre alt. Und aus dem kindlichen Gekritzel ist eine Collagenkunst geworden. Mike Hieronymus bringt Figuren aus Comics oder aus Filmen in eine neue „Umgebung“ – vereinfacht formuliert. Wobei sein Weg zur Kunst kein gerader war. Denn anders als sein Großvater, hielt sein Vater wenig von den künstlerischen Ambitionen des Juniors. Sein „alter Herr“, wie Mike Hieronymus ihn nennt, war im Management einer großen Firma und fand, dass ein Kunst- oder Designstudium für seinen Sohn nicht in Frage kommt.
Und so wurde Mike Hieronymus Dekorateur. „Das war damals noch ein richtig kreativer Beruf – mit Malen und so“, sagt er. Und das Wichtigste: „Dieser Beruf war aus Sicht meines alten Herrn etwas Anständiges.“ Jemand, der an einer Kunsthochschule studierte, stellte fest, dass der Dekorateur in seiner Ausbildung ein Buch zum Thema Bildaufbau brauchte, dass auch an der Hochschule benutzt wurde.
„Echte Kunst“ blieb aber Nebensache. Aus dem Dekorateur wurde ein Designer. 30 Jahre lang hat Mike Hieronymus in diesem Beruf gearbeitet, lange Zeit in München, wo der gebürtige Saarbrücker aufgewachsen ist. Zwischendurch hat er seine Bilder gemacht. Alle paar Jahre hat er sie ausgestellt, in Kneipen meistens, eben dort, wo Menschen mit Superhelden, die in einem neuen Kontext auftauchen, gut umgehen können. Und weil er froh ist, wieder daheim zu sein und seine Stadt mag, bewegen sich viele der Figuren, die man aus Comicabenteuern kennt, in vertrauter Umgebung. Da schleppt etwa Obelix statt eines Hinkelsteins eine Saarbrücker Bierflasche am Ulanendenkmal am Staden vorbei. Der Matrose Popeye hält statt einer Dose Spinat eine Bierflasche aus Homburg in der Hand. Und auf einem großformatigen Bild, an dem Mike Hieronymus zurzeit arbeitet, malt Paulchen Panther den Brunnen auf dem St. Johanner Markt an – rosarot natürlich.
Gerade hat Mike Hieronymus einige seiner Werke im Rahmen einer Veranstaltung der Künstlergruppe „Les Montmartrois de Sarrebruck“ gezeigt. Diese Gruppe sei eine wundervolle Sache, weil sie Künstler aller Sparten verbindet. „Man trifft da interessante Menschen – von Autor bis zum Schauspieler“, schwärmt er. Was seine Kunst aber beflügele, seien nicht die klassischen Ausstellungen, sondern die Netzwerke im Internet: Facebook, Instagram, Pinterest, Linkedin – da sehen sich schnell mal 6000 Menschen ein Bild an, weisen Freunde darauf hin.
2008 hat er sich der Mann, der von sich behauptet, schokoladensüchtig zu sein, selbstständig gemacht – in seinem Beruf als Werbedesigner. „Von der Kunst alleine kann ich nicht leben“, sagt Mike Hieronymus. Da lag sein alter Herr nicht ganz falsch. Aber gerade weil seine Bilder im Internet verbreitet werden, steige die Nachfrage. Und er ist ja erst 56 Jahre alt. Da kann das ja noch etwas werden mit dem Leben von der Kunst.